Zusammenfassung des Urteils BEZ.2015.63 (AG.2016.15): Appellationsgericht
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat am 30. Dezember 2015 entschieden, dass die Beschwerde von A____ abgewiesen wird. A____ hatte beantragt, die Kosten für das Scheidungsverfahren erlassen zu bekommen, was jedoch abgelehnt wurde. Das Gericht stellte fest, dass A____ nicht berechtigt ist, einen umfassenden Kostenerlass zu erhalten, da er seine finanzielle Situation nicht umfassend dargelegt hat. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 200.- sind von A____ zu tragen.
Kanton: | BS |
Fallnummer: | BEZ.2015.63 (AG.2016.15) |
Instanz: | Appellationsgericht |
Abteilung: |
Datum: | 30.12.2015 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Unentgeltliche Rechtspflege im Rahmen des Scheidungsverfahrens |
Schlagwörter: | Verfahren; Entscheid; Gesuch; Appellationsgericht; Vorinstanz; Gesuchsteller; Kostenerlass; Selbstbehalt; Grundbedarf; Berechnung; Generalabonnement; Bundesgericht; Rechtsmittel; Ausschuss; Basel; Rechtspflege; Sachverhalt; Gewährung; Auflage; Grundbedarfs; Existenzminimum; Betrag; Zivilgericht |
Rechtsnorm: | Art. 113 BGG ;Art. 320 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 42 BGG ; |
Referenz BGE: | 125 IV 161; |
Kommentar: | Sutter-Somm, Freiburghaus, Hasenböhler, Leuenberger, Kommentar zur ZPO, Art. 320 ZPO URG, 2012 |
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Ausschuss |
BEZ.2015.63
ENTSCHEID
vom 30. Dezember 2015
Mitwirkende
Dr. Marie-Louise Stamm, Dr. Heiner Wohlfart, lic. iur. Gabriella Matefi, und Gerichtsschreiberin lic. iur. Barbara Grange
Parteien
A____ Beschwerdeführer
[ ] Kläger
gegen
B____ Beschwerdegegnerin
[...] Beklagte
vertreten durch Dr. [...], Advokat,
[...]Basel
Gegenstand
Beschwerde gegen einen Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt
vom 15. September 2015
betreffend unentgeltliche Rechtspflege im Rahmen des Scheidungs-verfahrens
Sachverhalt
Mit Entscheid vom 15. September 2015 wurde A____ die von ihm für das Scheidungsverfahren beantragte Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung mit einem von ihm zu tragenden Selbstbehalt von CHF 3350.- bewilligt und wurde ihm Frist gesetzt zur Zahlung eines Kostenvorschusses von CHF 1600.-. Dagegen hat A____ Beschwerde eingereicht. Er beantragt unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids die Gewährung eines umfassenden Kostenerlasses.
Erwägungen
1.
1.1 Die Abweisung eines Kostenerlassbegehrens ist eine verfahrensleitende Verfügung. Diese kann gemäss Art. 121 i.V.m. Art. 319 lit. b Ziff. 1 Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) mit Beschwerde an das Appellationsgericht angefochten werden. Der Beschwerdeführer ist von der angefochtenen Verfügung berührt und daher zur Beschwerdeerhebung legitimiert (AGE BE.2011.140 vom 10. Oktober 2011 m.H.). Auf die rechtzeitig eingereichte und begründete Beschwerde ist einzutreten. Die sachliche Zuständigkeit des Ausschusses des Appellationsgerichts ergibt sich aus § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Einführung der ZPO (EG ZPO; SG 221.100).
1.2 Gerügt werden können gemäss Art. 320 ZPO unrichtige Rechtsanwendung sowie offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes. Rügen der unrichtigen Rechtsanwendung (Art. 320 lit. a ZPO) überprüft das Appellationsgericht mit freier Kognition, diejenigen der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts (Art. 320 lit. b ZPO) mit beschränkter (Willkür)-Kognition (AGE BEZ.2012.30 E 1.2 m.H.; Freiburghaus/Afheldt, in: Kommentar zur ZPO, Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger [Hrsg.], 2. Auflage 2013, Art. 320 ZPO N 4 - 6). Neue Anträge, Tatsachenbehauptungen und Beweismittel sind ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
1.3 Auf die Einholung einer Stellungnahme der Vorinstanz sowie einer Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin wurde aufgrund offensichtlicher Unbegründetheit der Beschwerde verzichtet (Art. 322 Abs. 1 ZPO, s. unten Ziff. 2 und 3).
2.
2.1 Bedürftig ist ein Gesuchsteller, der die Leistung der erforderlichen Prozess- und Parteikosten nur erbringen kann, wenn er die Mittel angreift, die er zur Deckung des Grundbedarfs für sich und seine Familie benötigt. Grundsätzlich obliegt es dem Gesuchsteller, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen und soweit wie möglich zu belegen. Dabei dürfen umso höhere Anforderungen an eine umfassende und klare Darstellung der finanziellen Situation gestellt werden, je komplexer die finanziellen Verhältnisse sind. Aus den eingereichten Belegen muss auf jeden Fall der aktuelle Grundbedarf des Gesuchstellers hervorgehen. Die Belege haben zudem über sämtliche finanzielle Verpflichtungen des Gesuchstellers sowie über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse Aufschluss zu geben. Wenn der Gesuchsteller seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, ist das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen (BGE 125 IV 161 S. 164 f. E.4a).
2.2 Der Beschwerdeführer beruft sich im Wesentlichen darauf, dass ihm in den früheren Eheschutzverfahren die unentgeltliche Rechtspflege ohne Selbstbehalt gewährt worden sei. Ob dem Beschwerdeführer in früheren Verfahren der Kostenerlass ohne Selbstbehalt gewährt wurde, ist für den diesbezüglichen Entscheid im aktuellen Verfahren aber nicht massgebend. Die Gewährung des Kostenerlasses in den damaligen Verfahren begründet weder eine Vorwirkung für zukünftige Verfahren noch einen Anspruch auf Gleichbehandlung in späteren Verfahren, sofern sich die finanzielle Situation des Antragstellers nicht ohnehin neu gestaltet.
2.3
2.3.1 Ebenso wenig vermag die Berechnung des Existenzminimums durch das Betreibungsamt eine Bindungswirkung für das zivilrechtliche Verfahren zu entfalten, auch wenn sich die Berechnung des Existenzminiums für die Abklärung des Anspruchs auf Kostenerlass im Gerichtsverfahren im Wesentlichen an die betreibungsrechtlichen Vorgaben anlehnt bzw. gar ein diesem gegenüber etwas erweitertes Existenzminimum massgebend ist (vgl. Rüegg, in: Basler Kommentar ZPO, Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], 2. Auflage 2013, Art. 117 N 12). Ein erweitertes Existenzminimum wurde seitens der Vorinstanz mit einem Zuschlag von 15% auf den monatlichen Grundbetrag gewährt. Soweit der Beschwerdeführer Ausgaben für seine Hobbies (z.B. Schachtourniere) geltend macht, ist er darauf hinzuweisen, dass diese Kosten als im Grundbetrag enthalten gelten. Dass im Betreibungsverfahren das Generalabonnement für die SBB in die Berechnung des notwendigen Monatsbedarfs des Beschwerdeführers einbezogen wurde, obwohl regelmässig einzig Kosten für das monatliche U-Abo berücksichtigt werden, sofern darüber hinausgehende Kosten nicht aus beruflichen Gründen unabdingbar sind, bedeutet hingegen nicht, dass diese Kosten auch im zivilrechtlichen Verfahren zu berücksichtigen sind. Dies umso mehr als der Beschwerdeführer weder die Häufigkeit noch die Notwendigkeit seiner behaupteten Fahrten zum betagten Vater belegt. Damit sich ein Generalabonnement der SBB für regelmässige Fahrten nach Staufen, AG, überhaupt finanziell rechnet, müsste der Beschwerdeführer seinen Vater im Übrigen öfter als jeden zweiten Tag dort besuchen, da er mit dem U-Abo erst ab Sissach ein Billet lösen muss, was die Kosten reduziert.
2.3.2 Im Weiteren ist nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer gestützt auf die früheren Verfahren andere behördliche Auskünfte nicht mehr rückgängig machbare Dispositionen getroffen hätte, welche es ihm gegenwärtig verunmöglichen, den ihm auferlegten Selbstbehalt zu tragen (vgl. für unrichtige behördliche Auskünfte: Häfelin/Müller/Uhlmann, Allg. Verwaltungsrecht, 6. Auflage 2010, N 686 ff.). Insbesondere das Generalabonnement der SBB kann, wie dies die Zivilgerichtspräsidentin ausgeführt hat, monatlich gekündigt werden. Damit erweist sich die Nichtberücksichtigung der Kosten für das Generalabonnement der SBB als richtig und keineswegs willkürlich.
2.4 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, es entstünden ihm zusätzliche Kosten aufgrund der Besuche seines Kindes, wurde er von der Vorinstanz darauf hingewiesen, dass dieser Umstand bereits mit dem Belassen von monatlich CHF100.- für Sonstiges berücksichtigt wurde. Die Vorinstanz hat damit in Ausübung ihres Ermessensspielraums bereits einen nicht zu den unabdingbaren Kosten des Grundbedarfs gehörenden Betrag zugelassen. Der Beschwerdeführer ist ausserdem darauf hinzuweisen, dass er die Höhe der Ausgaben betreffend seine Tochter weitgehend selbst gestalten kann, da es ihm freisteht günstige kostenlose Freizeitaktivitäten mit ihr zu unternehmen. Ohnehin legt der Beschwerdeführer nicht konkret dar, weshalb der genannte Betrag nicht ausreichend ist. Eine allfällige zukünftige Erweiterung der Besuchstage der Tochter ist für die aktuelle Berechnung seines Grundbedarfs jedenfalls nicht massgebend.
2.5 Der Beschwerdeführer moniert sodann, der zugestandene Betrag für die laufenden Steuern sei ungenügend. Er ist darauf hinzuweisen, dass Steuern grundsätzlich nur zu berücksichtigen sind, wenn sie auch tatsächlich bezahlt werden (Rüegg, a.a.O., Art. 117 N 12). Mit der Einreichung der Zahlungserinnerungen der Steuerbehörde für das Steuerjahr 2014 belegt der Beschwerdeführer, dass eben dies nicht der Fall ist. Damit läuft auch dieser Einwand ins Leere. Gleichzeitig ist auszuführen, dass die geringe Differenz der belegten zu der tatsächlich berücksichtigten Steuerlast den Entscheid der Vorinstanz nicht aufzuheben vermöchte, zumal dem Beschwerdeführer mit den zusätzlichen CHF 100.- für Sonstiges bereits ein über das Übliche hinausgehender finanzieller Spielraum eingeräumt wurde.
3.
Damit unterliegt der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren, weshalb er dessen Kosten mit einer Gebühr von CHF 200.- zu tragen hat. Für das vorliegende Verfahren ist ihm die unentgeltliche Prozessführung aufgrund der offensichtlichen Aussichtslosigkeit seiner Beschwerde nicht zu gewähren (Art. 117 lit. b ZPO).
Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Ausschuss):
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 200.-.
Mitteilung an:
Beschwerdeführer
Beschwerdegegnerin
Zivilgericht
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. Barbara Grange
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes [BGG] innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a b BGG erreicht (CHF15'000.- bei Streitigkeiten aus Miete Arbeitsverhältnis bzw. CHF30'000.- in allen übrigen Fällen) wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.
Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.